Donnerstag, 31. Mai 2007

Ein Wort

(Gottfried Benn, entst. vor dem 21.12.1941)

Ein Wort, ein Satz -: aus Chiffren steigen

erkanntes Leben, jäher Sinn,
die Sonne steht, die Sphären schweigen
und alles ballt sich zu ihm hin.

Ein Wort - ein Glanz, ein Flug, ein Feuer,
ein Flammenwurf, ein Sternenstrich -
und wieder Dunkel, ungeheuer,
im leeren Raum um Welt und Ich.

Montag, 28. Mai 2007

Der Begriff des Phänotypen

In der Gedankenwelt Benns kommt dem Begriff des „Phänotypen“ in den 1940er Jahren eine zentrale Rolle zu. Will man die Bennsche Poetologie in ihrem Kern begreifen, so ist zuvor die Bennsche Auslegung des Begriffs des "Phänotypen" zu klären - mehr noch: ihr Verständnis ist eine unabdingbare Voraussetzung.

Phänotyp ist bekanntlich ein Begriff aus der Erblehre, aufgestellt von dem Dänen Johannsen. Der Phänotyp ist das Individuum einer jeweiligen Epoche, das die charakteristischen Züge dieser Epoche evident zum Ausdruck bringt, mit dieser Epoche identisch ist, das sie repräsentiert. […] Neben dem Phänotyp laufen natürlich durch alle Zeitalter die allgemein ephemeren Typen, jene, die die innere Repräsentation des Zeitalters nicht zum Ausdruck bringen.
(Aus Doppelleben, S. 162)

Benn transformiert hier einen biologischen Begriff zu einem poetologischen. Ihn interessiert weniger das Erscheinungsbild eines Individuums, sondern mehr das einer ganzen Epoche. Der Phänotyp artikuliert sozusagen das Wesen einer Epoche.

Dienstag, 22. Mai 2007

Benn und die Frauen

"Eine Frau ist ein Gegenstand"

Aus einem Brief an seinen Verleger Erich Reiss:
Liebe und Ehe! Die Ehe ist doch eine Institution zur Lähmung des Geschlechtstriebs

An seine Tochter Nele:
Männer wollen doch nicht am Gehirn von einer Frau berührt werden, sondern ganz woanders

Zum Selbstmord seiner Freundin Lili Breda 1929:

Natürlich starb sie an oder durch mich, wie man sagt


Über seine zweite Ehefrau Herta von Wedemeyer 1938:
Meine Frau ist zart, verfeinert, sehr degeneriert, immer müde, was mir sehr angenehm ist. Um 8 Uhr ist sie zum Schlafen fertig. Sie weiß nicht viel, ist "ungebildet"...

Und weiter:
Wird nie im entferntesten in meinem Leben einzugreifen versuchen, rührt an keine Bezirke in die ich sie nicht haben will.

Zu ihrem Tod 1945:
Nichts in meinem Leben hat mich so getroffen, so tief getroffen wie dieser Tod.


"Am Weib zu Grunde gehen, das ist doch schon geradezu sehr lieb!"


„Du mußt dir immer wieder sagen,
dass ich für mein Leben keine Frau brauche, das ist meine Natur, das ist für mich genauso natürlich, wie es für dich natürlich ist, dass du zu den Kindern gehst.“


- Gottfried Benn an Tilly Wedekind, 26.12.1935

Donnerstag, 17. Mai 2007

Hol mir mal ne Flasche Bier

Hol mir mal ne Flasche Bier – Genuss von Hopfen und Malz ist praktizierter Humanismus

Bonn/Zürich – Von der jetzigen Bundeskanzlerin ist bekannt, dass sie Vertraute schon mal zu Rotweinrunden einlädt. Auch ihr Vorgänger Gerhard Schröder entwickelte im Zustand der Machtvollkommenheit eine Vorliebe für Zigarren und Wein. Nur wenn er sich volkstümlich geben wollte, rief er „Hol mir mal ne Flasche Bier“. Daraus wurde dann sogar ein Lied. Wer sich in Deutschland besonders weltmännisch und feinsinnig geben will, trinkt Wein. Manche erinnern sich noch an den SPD-Politiker Björn Engholm, der Weinglas, Zigarillo oder Pfeife sehr fotogen zu präsentieren und zu kombinieren wusste. Vielleicht wird dieses Land in den vergangenen Jahren so schlecht regiert, weil ein Volk von Biertrinkern regelmäßig Politiker wählt, die eher Wein trinken. Zumindest tun alle wichtigen Damen und Herren so. Wahre Freigeister wie Gottfried Benn allerdings haben Wein und Sekt verschmäht und sich täglich ein Bierchen gegönnt.

Sonntag, 6. Mai 2007

Wir suchen noch

...literarisch interessierte Gehirne, die Lust haben, bei uns mitzumachen. Also, wenn Du viel Zeit und Interesse hast, dann melde Dich bei uns über diesen Blog!

Das Projekt

Das "Projekt Benn" entstand aus der Idee, Gottfried Benn szenisch zu erfassen.

Warum aber Gottfried Benn? Untrennbar ist sein Name mit den Morgue-Gedichten, wie "Kleine Aster", verbunden. Doch die eindringendere Beschäftigung mit Benn öffnet eine reichere Welt. In seinem Leben spiegeln sich die Widersprüche einer ausgehenden Epoche, in seiner Person die Verkörperung des absoluten und zwanghaften Künstlertums, in seinem Werk finden sich schließlich eine Vielfalt der Stile, die zeitlichen Einflüsse und die Ansprüche ans eigene Ich wieder.

Unser Projekt ist eine szenische Lesung. Wir wollen sein Leben, sein Werk und seine Person erschließen und im Kern darstellen. Es geht uns nicht um eine schlüssige Sicht auf Benn, sondern um die Beleuchtung seines Facettenreichtums.

Daran arbeiten wir - das "Projekt Benn" hat begonnen!